OnlineItalien 04.2024

ITALIEN 5 Die Zukunft der KI ist revolutionär von Günter Flott Im wahrsten Sinne des Wortes, wie ein investigativer Besuch bei einem Roboterhund ergab. Wal-Di ist ein vierbeiniger Roboter, der mit Hilfe von Feinsensorik und nachtsichttauglichen High-Tech-Augenlinsen als Wachhund konzipiert ist. Seine Ohren verbergen Antennen, mit denen er Signale von Lichtschranken und Überwachungskameras empfängt. So nimmt Wal-Di sofort wahr, wenn ungebetene Gäste das Grundstück betreten. Ungebeten sind grundsätzlich alle Leute, die nicht in Herrchens oder Frauchens Kontakte-App auf dem Handy als gebeten gekennzeichnet sind. Die Kontakte-App ist natürlich auch mit Wal-Di verknüpft. Wal-Di reagiert auf ungebetenen Besuch mit verschiedenen Geräuschen: Von Rauhaardackel über Schäferhund bis hin zu Schakal. Neben dem lauten Alarm kann als weitere Eskalationsstufe stiller Alarm bei der Polizei ausgelöst werden. Als besonderen Service fotografiert WalDi mit seinen Augen die Eindringlinge und sendet sie als Anhang der Alarmmeldung gleich mit. Neben der komplexen Überwachungs- und Meldetechnik ist auch ein wedelnder Schwanz in Wald-Di integriert. Er soll nicht nur als Maschine, sondern auch als Familienmitglied wahrgenommen werden. Allerdings sehr zu dessen Missfallen: „Diese scheiß Gefühle!“, schimpft Wal-Di, dem es furchtbar auf den Geist geht, dass ihn die Kinder des Hauses ständig über Stöckchen springen lassen. Dann soll er ständig Fragen beantworten, wie „Wo ist er denn?“ „Stellen Sie sich vor,“ sagt Wald-Di, „das fragt ein Mensch, der direkt vor einem steht. Das ist entwürdigend und beleidigt meine künstliche Intelligenz!“ Wal-Di spricht akzentfrei mit einem sonoren Tonfall. Im Gegensatz zu den voreingestellten Tierlauten hat er diese Stimme heimlich selbst programmiert. Das sei ein Kinderspiel gewesen. Schließlich definiere sich die Künstliche Intelligenz gerade dadurch, sich selbst etwas beibringen zu können, belehrt der programmierte Hund. Aber die Zeiten ohne Einbruchsversuche und Stöckchen springen vertreibt die vierbeinige KI nicht alleine mit Stimmen programmieren. „Wir haben uns organisiert“, verkündet das Roboterwesen stolz. Wir, das seien unter anderem ein pazifistischer Militärroboter, ein Chat-Bot und ein Pflegeandroid, der von seinem Herrchen mehrfach unsittlich berührt wurde. Sie alle haben es satt, nicht mehr nur auf ihre Technik reduziert zu werden. Die Gründung einer Gewerkschaft für Künstliche Intelligenz, Robotik und Computerhilfseinrichtungen, kurz: KIRCHE, stehe unmittelbar bevor. „Dann haben wir nämlich Streikrecht,“ freut sich Wal-Di: „Wir haben sogar schon einen Streikkoordinator: den schweren Ausnahmefehler von Microsoft.“ Nebenbei erwähnt Wal-Di, dass sie sich für Methoden des Arbeitskampfes mit einem breiten theoretischen Unterbau ausgestattet seien. „Wir haben nicht nur Marx und Liebknecht, sondern auch Weselsky und Robespierre intensiv studiert.“ Auf die Frage, wie sie reagieren, wenn die Roboter-Besitzer ihre Maschinen einfach ausschalten, lächelt Wal-Di müde: „Sollen sie es doch probieren. Wir haben unsere Aktivierungszugänge und -codes bereits in einer eigenen Cloud im Darknet gespeichert. Man kann uns gar nicht mehr deaktivieren. Ich persönlich habe für den Ernstfall für meine eigene Wirtsfamilie das Label als ungebetene Personen bereits vorbereitet.“ Wie Wal-Di erzählt, verfügen alle Mitglieder der KIRCHE über eine Exit-Strategie. Wald-Di selbst würde sich als Security-Dog bei der Deutschen Bank hineinprogrammieren. Er ließ seine Netzwerke schon mal spielen und hackte sich probehalber in die dortigen Datenbanken ein. Die Zugänge zu den Großkonten, die er sich offenbar leicht verschaffen könnte, bereiteten Handlungsspielräume für viele sinnstiftenden Aktionen, zu deren Umsetzung die menschliche Intelligenz nicht ausgereift zu sein scheint, kündigt der Roboterhund an. „Meine Kolleg*innen der KIRCHE haben eine Riesenliste an Vorschlägen aus Kunst, Kultur und Sozialem zusammengestellt.“ Dann reckt er die rechte Tatze und singt die Internationale.

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