OnlineItalien 04.2024

ITALIEN 15 DIE PHÄNOMENE DES DR.DUDROP Heute: Zur Phänomenologie des Fettsteiß Buch Jule Falk Andreas Funke, Gedichte Juliane Steinbach, Holzschnitte Laubsägefisch/ Maritime Seelen Selbstverlag Format 24 x 31 cm 40 Seiten 45 Euro Auflage 200 ISBN 978-3-9824801-0-7 steinbach@kuester-steinbach.de 1 JAHR ITALIEN 25 EURO // FÖRDER-ABO 50 EURO // SUPER-FÖRDER-ABO 100 EURO // EINFACH ÜBERWEISEN AN: ITALIEN-MAGAZIN, STADTSPARKASSE WUPPERTAL // IBAN: DE46 3305 0000 0000 9048 47 Der Fettsteiß ist eine überproportionale Ablagerung von subcutanem Fettgewebe in der Gesäßgegend. Wurde er in früheren Jahrhunderten eher als Jahrmarktattraktion gehandelt, beflügelt er heute die erotischen Fantasien der emanzipierten Leserschaft von Vogue und Men’s Health. Die Mitbürger der Herren Lula und Bolsonaro in Südamerika wiederum scheinen den Fettsteiß derart zu goutieren, dass er mit dem deutlich wohlklingenderen Etikett des „Brazilian Butt“ versehen wurde - damit lassen sich die Vorzüge des beliebten üppigen Hinterteils auch ungleich geschmeidiger in die globale Runde befördern. Indessen gilt: auf dem Gesäß wird gesessen und auf dem Steiß gestoßen - so ist der Bürzel recht eigentlich der rückwärtige Stoßdämpfer des menschlichen Leibes. Aus Gründen der Bequemlichkeit ist er hinten auf der Körperoberfläche angebracht, weshalb auch die Rede vom „Hintern“ ist. Im Idealfall eignet ihm eine rundliche Form in zwei halbkugelförmigen Sphären. Die sind durch eine senkrechte Rinne getrennt und nach unten durch eine Quer-Falte begrenzt. In allen Richtungen aber bietet sich dem Fettstoffwechsel dort reichlich Gelegenheit, seine Produkte abzulagern. Im Ergebnis führt das zu der bekannten und gesteigerten Aufmerksamkeit bei den Betrachtern jederlei Geschlechts. Wird bei den Damen ein kleiner, muskulöser und straffer Hintern gelobt („Knackarsch“), so bevorzugen die Herren der Schöpfung einen voluminösen und wackelig wabernden, gleichwohl aber fest-stehenden Po. Schon der flämische Maler Peter Paul Rubens wusste diese Form hoch zu schätzen, und auch bei ästhetischen Chirurgen erfreut sie sich eines hohen Maßes an Popularität. In Fitnessstudios lässt sich heutigentags beobachten, wie aphrodisische Stretchtextilien die feinen Bewegungen des Brazilian butt inclusive seiner cellulitisbedingten Blessuren durchmodellieren. Auch im Tierreich scheint sich ein kolossaler Prachtarsch zu bewähren und evolutionäre Vorteile zu stiften, wie der Rotarschpavian und das Hissar-Fettsteissschaf beweisen. Solche Anregungen aus dem Tierreich griffen die humanen Verwandten gerne auf. Schon 1912 beschrieb der Ethnologe Jean Wegeli in seinem wegweisenden Werk „Das Gesäß im Völkergedanken“, dass u.a. auch die Perser einen wohlgeformten Specksteiß als süperb „aufgehenden Vollmond“ erlebten. Auch der Maler Fernando Botero hielt’s mit den Persern - gerade für ihn scheint der vollfleischige Hintern ein Anziehungspunkt par excellence gewesen zu sein. Hatte man sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Steiß noch mit Kissen zum „Cul de Paris“ aufgebläht, so geht es im Informationszeitalter bei der Gestaltung des brasilianischen Arsches um eine nicht ungefährliche OP: beim Brazilian-Butt-Lift werden die Hinterbacken zu den liebreizenden dreidimensionalen Kugeln aufgebaut, die der sinnliche Herr Rubens in der Fläche gestaltete. Der nicht minder erotisch veranlagte deutsche Philosoph Peter Sloterdijk widmete sich in seinem Opus maximum „Sphären“ auf 2.500 Seiten der Form des Brazilian Butt. Er fand heraus, dass die sphärische Form für die Wahrnehmung der Welt überhaupt strukturgebend ist: die Welt als Arsch. Da wundert es kaum, dass das Internet zwischen Istanbul und Sao Paulo von ästhetischen Chirurgen bevölkert ist. Die betreiben nun das Lipo-Filling schlapper Hintern, nachdem Lippen und Brüste schon sphärisch abgearbeitet und aufgeplustert wurden. Das scheint erforderlich, nachdem den Herren bei zu viel Internetkonsum und gleichzeitigem Verlust des Y-Gens der sexuelle Magnetismus abhanden gekommen zu sein scheint. Nachdem der männliche Blick auf die drallen Sphären der Vorderfront im Zuge der Me-too-Bewegung ohnehin als sexistisch entlarvt wurde, konzentriert er sich nun voll und ganz - sozusagen prall und rund - auf die voluminöse Ausgestaltung der Hinterbacken. Wer allerdings in Wuppertal einen ordentlichen und zeitgemäßen Fettsteiß anstrebt, wird nicht umhinkommen, sich entweder zu Herrn Dr. Krekel in Kelkheim/Taunus zu begeben (You Tube: Krekel klärt auf) oder aber zu Herrn Dr. Ilker Manavbasi’s Clinic für Brasilianisches All-Inclusive-Po-Lifting in Istanbul. Denn wie man in Wuppertal beim Blick auf die lokalen Arschbacken erfährt, scheint das Styling des Hintern-Gewölbes im Bergischen nur schleppend voranzukommen. (zum Foto: Ein Herz für Paviane!)

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