10 ITALIEN Berliner Leibspeise (Patent-Nummer: 721319) An einem der letzten angenehmen Sonnennachmittage ist es Zeit für einen kleinen Ausflug an den, neben der Hauptstadtredaktion gelegenen, Zapfhahn. Plötzlich erklärt neben ihm Jutta B., eigentlich habe sie ja auch Hunger. Ihr vorangegangener Spaziergang hat offenbar Spuren hinterlassen und sie muss sich kräftigen. Nun, meint der Berichterstatter, dann möge sie doch die Bratkartoffeln nehmen, die hätten sehr gut ausgesehen. Nach kurzem Überlegen und in der Karte schnubern ordert Jutta eine Currywurst mit Bratkartoffeln. Kaum ist die Bestellung am Herd angekommen, erscheint der Wirt und Koch Tom O. und lugt erstaunt um die Ecke: „Currywurst mit Bratkartoffeln? Ach, für dich! Kriegste!“. Jutta ist zufrieden und satt wird sie auch. Zu Ende ist der Ausflug in die Welt der Bratwürste mit der roten Soße damit aber noch längst nicht. Bereits am nächsten Tag berichtet Janine B. im Glasbierfachgeschäft von der selbstgebruzzelten Currywurst mit Pommes frites aus ihrer neuen Heißluftfritteuse: „War lecker.“ Da man somit also schon mal beim Thema ist, berichtet Ulrich „Uli“ W. von einem, nicht allzu lange zurückliegenden Imbiss-Erlebnis, bei dem er beobachten durfte, wie ausrangiertes Pommesfett nach altvorderer Sitte kurzerhand in einem Gully entsorgt wurde. Aber vielleicht gibt es dafür demnächst ja eine bessere Lösung. Denn neben elektrisch angetriebenen Bussen experimentieren die Berliner Verkehrsbetriebe auch daran, ob Busse auch mit altem Frittenfett betrieben werden könnten. Eine geradezu geniale Idee: Eine Energiekrise gäbe es für sie nicht mehr, wenn das Auftanken an jeder Wurschtbude möglich wäre. Allerdings täten sich neue Probleme auf. Es müssten nämlich noch etliche Currywürste mit Pommes mehr verputzt werden als die ohnehin schon etwa 70 Millionen jährlich, um hinreichend Kraftstoff zu produzieren. Die Berliner Fettleibigkeit würde zudem zwangsläufig ansteigen und die aktuelle Zahl von knapp 400.000 Gutgenährten mühelos toppen. Ein neues Schönheitsideal: Die Pommes-Figur? Ihren Ursprung hatte die Currywurst in Berlin, als die Imbissbetreiberin Herta Heuwer am 4. September 1949 zum ersten Mal Tomatenmark, Worcestersauce, Currypulver und weitere Gewürze zusammenrührte und die rote Plörre über eine Bratwurst kippte. Ob mit oder ohne Darm, Hertas Currywurst wurde ein solcher Renner, dass sie die Pampe im Februar 1958 als „Chillup“ patentieren ließ (Patent-Nr. siehe oben). Noch heute zeugt im Stadtteil Charlottenburg eine Gedenktafel von ihrer Erfindung, wie der Hauptstadtkorrespondent von ITALIEN, dem Beratungsblatt für gesundes Übergewicht, zu berichten weiß. Obwohl es somit eigentlich nicht den geringsten Zweifel geben kann, ist unterdessen um die Urheberschaft der Currywurst ein regelrechter Kulturkampf ausgebrochen. So beanspruchen beispielsweise auch Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen deren erstmaliges Servieren für sich. Im dortigen Bückeburg wird gar behauptet, die Currywurst sei dort in der Schlossküche der Fürstenfamilie Schaumburg-Lippe drei Jahre vor Herta aus der Pfanne gehoben worden. Alles Quatsch! Die Currywurst ist und bleibt Berlins Erfindung und Leibspeise. Dies beweist auch das Edelhotel Adlon, auf dessen Speisekarte die Curry das Highlight ist. Rund 800 Portionen werden dort pro Monat für schlappe 26 EUR serviert. Wohl bekomms!
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