OnlineItalien 06.2025

ITALIEN 15 DIE PHÄNOMENE DES DR.DUDROP Heute: Zur Phänomeno- logie des Sauerkrauts ist die beziehungsstiftende Wirkung des Sauerkrauts keineswegs in Zweifel zu ziehen, Liebe geht durch den Magen. Auch das Sauerkraut geht durch den Magen, entfaltet dann im Dünndarm durch den hohen Gehalt an Vitamin C und Milchsäurebakterien einen förderlichen Effekt auf das Immunsystem und regt im weiteren Verlauf die Aktivitäten des Dickdarms an. Doch da offenbart der globale Gesundheits-Hit durchaus einen kritischen Aspekt. So geißelt das Sinnbild der „Furzwolle“ die zweifelhafte Tendenz des Sauerkrauts, Flatulenzen hervorzurufen. “Wer Wind will, muss Sauerkraut fressen“ wusste schon der gescheiterte Kanzlerkandidat und Träger des KarlValentin-Ordens F. J. Strauss (1915-1988). Auch im umfangreichen Werk S. Freuds dürften sich Gedanken dazu finden, wenngleich diese eher implizit in den Gedanken zu den Verdauungsvorgängen formuliert worden sein dürften. Andererseits, sauer macht ja auch lustig, was sich der amerikanische Schlagersänger Gus Backus zu Herzen nahm, als er 1961 eine Hymne auf das Sauerkraut verfasste. Die wurde dann mehr als 40 Jahre später von den Toten Hosen (sic) gecovert. Die Hosen werden gewusst haben, warum. Wir sehen, Sauerkraut ist ein kultureller Topos ersten Ranges - den Organisatoren des Internationalen SauerkrautKongress‘ in Vietze/Landkreis Lüchow-Dannenberg war dies auch hoch bewusst. Das Sauerkraut-Requiem des sorbischen Mundartdichters W.B.F. Schneiders und die Old Merry Tale Jazzband („Ich ess‘ für mein Leben gern Klops mit Sauerkraut…“) seien hier nur am Rande erwähnt. Kulturbanausen vom Schlage eines H. Kohl, D. Trump und G. Schröder ließen Sauerkraut allerdings links liegen und delektierten sich an Scheußlichkeiten wie Saumagen, Pizza und Currywurst. Ganz anders die Einwohner von Wiesenthal, gelegen zwischen Eiterfeld und Brotterode-Trusetal im thüringischen Wartburgkreis: in ihren Erzählungen vom legendären Sauerkrauthobel lobpreisen sie die Lokalgeschichte der Rhön und ihrer lukullischen Kreationen. Doch selbstverständlich gibt’s auch in Wuppertal feinsten Suuren Kappes: gehen Sie doch einfach zu Polski Smak in der Calvinstr. 22, 42103 Wuppertal und fragen Frau Sylwia Izabela Grabowska nach Kapusta Kizsona. Sauelklaut! Wie die KoreanerInnen sagen. Sauerkraut, das ist ein saures Kraut. Als solches besteht es aus kleingeschnittenem Kohl - Weiß, China oder Spitz - welcher einem Gärungsprozess ausgesetzt wird. Das hat die Bildung saurer Stoffwechselprodukte zur Folge und eine ebensolche Geschmacksnote. Sauerkraut hat eine weißlich-gelbliche Färbung und eine bissfeste Textur. Je nach Zubereitungsart finden sich Lorbeerblätter, verschiedene Gewürze und kleine schwarze Beeren darin, „Wacholderbeeren“. Auch wenn die Deutschen wegen ihrer Vorliebe für das saure Kraut „Krauts“ genannt werden, muss betont werden, dass das vergorene Kraut tatsächlich ein global food ist, weit verbreitet zwischen Lateinamerika und Korea, universell, vielgestaltig und multikulturell. Entsprechend geschmacklicher Vorlieben kann die Erscheinungsform stark variieren und etwa durch das Hinzufügen von Chilis und Paprika eine rote Färbung und einen scharfen Geschmack erhalten. Indes wird das scharfe und rote Sauerkraut in Korea nicht Sauerkraut genannt, sondern Kim-chi. Ob die Witwe Bolte als urdeutsche Sauerkraut-Userin von dieser Variante überzeugt gewesen wäre, sei dahingestellt. Auch sie labelte ihr Leibgericht mitnichten Sauerkraut, sondern Sauerkohl. Bekanntlich holte sie diesen, „für den sie ganz besonders schwärmt(e), wenn er wieder aufgewärmt“, portionsweise aus dem Keller. In der vom deutschen Humoristen H. Ehrhardt erzählten Chronik vom „Pechmariechen“ empfahl dessen Mutter, sich mit „dem Kraut, dem sauern“ einen Liebhaber zu angeln. Das war jedoch nur von minderem Erfolg beschieden - Pech eben. Dabei hauck & bauer

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