ITALIEN 15 DIE PHÄNOMENE DES DR.DUDROP Heute: Zur Phänomenologie der Badewanne Natürlich war die Badewanne nicht nur für Ringelnatz selbstverständlicher Ort psychophysischer Reinigung und philosophischer Reflexion. Es ist zwar nicht belegt, ob Nietzsche, Heidegger und Co. ihre tiefsinnigen Gedanken in der Badewanne ausbrüteten, auf jeden Fall aber liegt es nahe, dass der von der Wärme des Wassers umspielte nackte Körper ihren produktiven Geist beflügelte. Die autoerotische Begegnung des eigenen Leibes im wöchentlichen Schaumbad setzt Phantasien, Erinnerungen, Vorhaben und Konzepte frei. So wäre es auch nicht als Zufall zu deuten, dass der berühmte Philosoph Peter Sloterdijk die Grundidee zu seinem zentralen Werk, den 2000 Seiten umfassenden „Sphären I - III“, in der Badewanne entwickelte. Im dort kolportierten Gedankenkonvolut wählte er nämlich den „Schaum“ zum Signum für die Verfasstheit der menschlichen Gesellschaft. In der Tat, tausende kleinere oder größere Seifenbläschen lagern sich zu zahllosen größeren oder kleineren Schaumblasen zusammen und geben so ein perfektes Sinnbild ab - nicht nur für eine Metapher gesellschaftlicher Strukturen, sondern auch für das Ergebnis intellektueller Schaumschlägerei, die sich hinter verbalem Brausebad und privater Seifenoper verbirgt. Sanierung und rasche Genesung davon verspricht indes der „Badewannendoktor,“ ein Zusammenschluss heilkundiger Klempner der Region. In Wuppertal gründeten diese bedauerlicherweise noch keine örtliche Filiale, jedoch würde ein Fachberater gerne aus der nahen Umgebung anreisen, sollte Ihnen als häuslichem Seebär eine BadewannenHavarie widerfahren. Die Badewanne ist ein wannenförmiges Behältnis zur Reinigung des menschlichen Körpers, welche vorzugsweise in horizontaler Lage durchgeführt wird. Zur Erfüllung dieses Zweckes sind die zumeist aus Metall oder Kunststoff gefertigten Bottiche länglich geformt, so dass sie die Aufnahme eines durchschnittlich großen Menschen in einer Wassertiefe von etwa 40-50 cm erlauben. Als transportables Einzelexemplar steht die Badewanne auf bisweilen kunstfertig gestalteten Füßen, ansonsten wird sie gern in das schicke Interieur eines „Badezimmer“ genannten HygieneBereichs von Wohnungen integriert. Am Fußende der Badewanne befindet sich ein Auslauf, darüber oder seitlich eine Armatur zum Einlassen des Badewassers. Die Badewanne wird üblicherweise mit warmem Wasser gefüllt, auf dessen Oberfläche eine Gummiente schwimmt. Die Bedeutung dieses Accessoires stellten schon die Herren Dr. Köbler und Müller-Lüdenscheid in den späten 70ern heraus, als sie sich im Hause von Bülow alias Loriot zum gemeinsamen Bade trafen. Doch die Badewanne ist nicht nur ein Ort körperlicher Reinigung, sondern auch der Selbstwerdung, wie der staatlich geprüfte Opernsänger Matthias Otto bewies, der sich unter dem Pseudonym Max Raabe dazu bekannte, in seiner Badewanne Kapitän zu sein. Sehr viel weniger unterhaltsam waren indes die heimischen Seefahrten von Jean-Paul Marat und Rainer Barschel, die in ihren Badewannen bekanntlich den Untergang ihrer Lebensfrachter zu beklagen hatten. Sehr viel romantischer - ja geradezu poetisch - aber gab sich das Freudenmädchen Hildy mit ihrem wunderbaren Song der „Butterfly mornings“ in Sam Peckinpahs „Abgerechnet wird zum Schluss“: den intonierte sie 1970 im Badezuber vor schneebedeckter Hochgebirgskulisse, während sie sich von ihrem Galan Cable Hogue liebevoll den properen Oberkörper abschrubben ließ. Selbstverständlich wurde die Badewanne von den alten Griechen erfunden. Einmal mehr tat sich hier der Mathematiker Archimedes hervor, als er in seiner Badewanne das Archimedische Prinzip entdeckte. Damit ist die Badewanne entgegen anderslautender Auffassung keine Erfindung des deutschen Schriftstellers Hans-Gustav Bötticher. Durch ihn erlangte sie jedoch eine gewisse Berühmtheit, als der sich mit dem Künstlernamen Joachim Ringelnatz schmückte und ihr ein Gedicht widmete. hauck & bauer
RkJQdWJsaXNoZXIy NDk1NjA=