OnlineItalien 02.2024

ITALIEN 9 Darf es auch etwas mehr sein Erwartungslos geht der ITALIEN-Mann zum Briefkasten. Was kann da gegen Monatsende außer Rechnungen schon drin sein? Und dann sowas! Liegt da doch eine Art Brief, liebevoll eingewickelt in das braune Verpackungspapier seines Lieblingsmetzgers in der Markthalle. Wieso schickt der ihm plötzlich Post? Seine Rechnungen kassieren die Verkäuferinnen doch immer gleich vor Ort. Ob da etwa zwei Scheiben Schinken für langjährigen treuen Einkauf drin sind? Zurück in der Hauptstadtredaktion wird das Teil etwas genauer untersucht und hin und her gewendet. Also eine Briefmarke ist schon mal nicht drauf. Etwa selbst eingeworfen? Nun ja, ein gewisses Misstrauen gegen die Post ist durchaus verständlich. Wenn das gute Stück etwa einem hungrigen Briefträger in die Posttasche geraten wäre, wer weiß was dann damit geschehen wäre! Wie sich etwas später durch penible Recherche herausstellt, enthält das schmackhafte Schriftstück einen Gutschein der besagten Metzgerei und stammt von Susanne „Suse“ N., die für dessen unbemerkten Einwurf extra dem Briefträger aufgelauert und ihn becirct hatte. Raffiniertes Luder! Mit einem wohlgefälligen Schmunzeln nimmt die rundliche Metzgereiverkäuferin den Schein wenige Tage später tatsächlich entgegen, legt ihn sorgfältig zu den übrigen und korrigiert die vorherige Rechnung. Und dann hat da ja auch noch wenige Tage zuvor eine seiner Lieblingsverkäuferinnen im benachbarten Supermarkt dem Hauptstadtkorrespondenten von ITALIEN, der Feinschmecker-Postille ohne Pelle, eine gebührenfreie Leberwurst in den Einkaufskorb geworfen. Was ist denn los mit dem Metzgerhandwerk? Seit dem 13. Jahrhundert gibt es diese blutbefleckten Ritter mit ihren Kettenhemden und -handschuhen doch schon als anerkanntes Gewerbe. Und selbst die ollen Gallier haben nachgewiesener Weise schon Wurst hergestellt. Ein Wildschwein am Stück zu verschlucken wäre für Obelix also gar nicht nötig gewesen. Und nun werfen die einem ihre Würste einfach so hinterher? Was ist da los? Im Glasbierfachgeschäft ist das nicht herauszubekommen. Dort finden sich zwar die verschiedensten Berufe, aber nicht ein einziger Metzger. Bleibt als Informationsquelle also nur der „FleischPapst„ Dirk L. Dermaleinst seien Wurst und Fleisch fast schon ein Muss auf deutschen Tellern gewesen, meint der. Wer sich indes heute zum Nackensteak bekenne, mache sich unterdessen nahezu „moralisch angreifbar“. Grund hierfür ist für ihn die steigende Zahl von Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. Fleischessen entspreche nicht mehr dem aktuellen Zeitgeist, sondern gelte als „klimaschädlich und ungesund“. Dem würde des Korrespondenten schöne Nachbarin sicher sofort zustimmen; auch sie zieht etwa eine Erbsenboulette jeder ordentlichen Frikadelle vor. Aber noch ist nicht alles verloren. Auch ohne „Suse“ N. und andere wohlmeinende Mädels besteht Hoffnung für Sauerbraten, Rouladen und Salami. Denn gerade einmal vor etwas über einem Jahr haben die deutschen Fleischwölfe bei der Metzger-WM im kalifornischen Sacramento den Weltmeistertitel geholt. In der vorgegebenen Zeit hat das „Butcher Wolfpack“ nicht nur ein halbes Rind, ein halbes Schwein, ein ganzes Lamm und fünf Hähnchen zerlegt und verarbeitet, sondern als Zugabe sogar noch einen ordentlichen Leberkäse gebraten. Tja, dann darf es doch gern etwas mehr sein! samy

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